Leitlinien zum Unterhaltsrecht
Stand: 01.01.2022
Die Leitlinien sind von den Familiensenaten des Oberlandesgerichts Hamm erarbeitet worden, um eine
möglichst einheitliche Rechtsprechung im gesamten OLG-Bezirk zu erzielen. Sie stellen keine verbindlichen Regeln dar – das verbietet sich schon mit Rücksicht auf die richterliche Unabhängigkeit – und sollen dazu beitragen, angemessene Lösungen zu finden, ohne den Spielraum einzuengen, der erforderlich ist, um den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls gerecht zu werden. Die Leitlinien zum Unterhaltsrecht sind Gedacht zur Ergänzung der Düsseldorfer Tabelle.
Download: Leitlinien zum Unterhaltsrecht (OLG Leitlinien)
Unterhaltsrechtliches Einkommen
1. Geldeinnahmen
1.1 Auszugehen ist von einem durchschnittlichen Jahresbruttoeinkommen einschließlich
Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie sonstigen Zuwendungen, auch Sachbezügen und
Gewinnbeteiligungen.
1.2 Höhere einmalige Zuwendungen (z.B. Jubiläumszulagen) können auf einen längeren
Zeitraum verteilt werden. Abfindungen sind regelmäßig auf einen angemessenen Zeitraum zur
Aufrechterhaltung eines angemessenen Lebensstandards umzulegen. Grundsätzlich sind
Abfindungen bei der Aufnahme einer neuen Arbeitsstelle mit dauerhaft geringerem Einkommen
bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens sowohl beim Kindes- als
auch beim Ehegattenunterhalt für den Unterhalt zu verwenden; ob eine Aufstockung bis zum
bisherigen Einkommen unter vollständiger Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards geboten ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der beim
Pflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung. Beim Ehegattenunterhalt gilt
dies nicht, soweit der Abfindungsbetrag bereits güterrechtlich Berücksichtigung gefunden hat.
1.3 Überstundenvergütungen sind Einkommen, wenn die Überstunden entweder in geringem
Umfang anfallen oder berufstypisch sind. Vergütungen für Überstunden, die deutlich über
dieses übliche Maß hinausgehen, sind nach Billigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sowie des in § 1577 Abs. 2 BGB zum Ausdruck
kommenden Rechtsgedankens anzurechnen. Beim Ehegattenunterhalt sind
Überstundenvergütungen nach vorstehender Maßgabe bedarfsbestimmend zu berücksichtigen, wenn sie bereits die intakten Lebensverhältnisse mitgeprägt haben.
Die gleichen Erwägungen gelten für Einkünfte aus einer Nebentätigkeit, die neben einer
vollschichtigen Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. In Fällen gesteigerter Unterhaltsverpflichtung (§
1603 Abs. 2 BGB) kann es dem Pflichtigen obliegen, zur Deckung des Mindestunterhalts Überstunden zu leisten und/oder eine Nebentätigkeit auszuüben, soweit dies möglich und zumutbar
ist, jedoch nicht über die Grenzen der §§ 3 und 6 ArbZG hinaus.
1.4 Über die Anrechenbarkeit von Auslösungen und Spesen ist nach Maßgabe des Einzelfalls zu
entscheiden. Im Zweifel kann davon ausgegangen werden, dass eine Ersparnis eintritt, die mit
einem Drittel der Nettobeträge zu bewerten und insoweit dem anrechenbaren Einkommen
zuzurechnen ist.
1.5 (1) Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ist an Hand der Gewinn- und Verlustrechnungen
bzw. der Einnahmen-Überschuss-Rechnungen zu ermitteln. Zur Ermittlung der laufenden und
zukünftigen Einkünfte ist auf einen mehrjährigen Zeitraum abzustellen; in der Regel sind hierzu
drei Jahre ausreichend, während bei erheblichem Einkommensrückgang oder Anhaltspunkten
für Manipulationen zur Überprüfung weitere Jahrgänge einbezogen werden können. In diesem
Zusammenhang kann den Entnahmen eine Indizwirkung zukommen. Für die Vergangenheit ist
von den in den jeweiligen Jahren erzielten Einkünften auszugehen. Eine
Durchschnittsberechnung über den Zeitraum, für den Unterhalt verlangt wird, ist möglich.
(2) Lineare Abschreibungen (AfA) von Wirtschaftsgütern sind regelmäßig als gewinnmindernd
anzuerkennen. Hinsichtlich des Umfanges der Abschreibungen haben die von der
Finanzverwaltung herausgegebenen AfA-Tabellen die Vermutung der Richtigkeit für sich.
Soweit Abschreibungen unterhaltsrechtlich nicht anerkannt werden, kommt die
Berücksichtigung der Tilgungsleistungen in Betracht.
1.6 Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen
1.6.1 Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind - vermindert um die Aufwendungen zur
Finanzierung und Erhaltung des Objektes – Einkommen. Die Berücksichtigungsfähigkeit von
Tilgungsleistungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. AfA-Beträge sind für Gebäude regelmäßig nicht abzusetzen.
1.6.2 Einnahmen aus Kapitalvermögen sind nach Abzug der Werbungskosten als Einkommen zu
berücksichtigen.
1.7 Steuererstattungen bzw. Steuernachzahlungen sind grundsätzlich auf das Zahlungsjahr
umzulegen (sog. In-Prinzip); insbesondere bei Selbständigen und Gewerbetreibenden kann es
sich allerdings zum Zwecke der Entzerrung empfehlen, die für das jeweilige Kalenderjahr
veranlagten Steuern anzusetzen (sog. Für-Prinzip). Es besteht die Obliegenheit, mögliche
Steuervorteile in Anspruch zu nehmen. Dies gilt für das steuerliche Realsplitting nur, soweit die
Unterhaltsverpflichtung auf einem Anerkenntnis oder rechtskräftiger Verurteilung beruht oder
freiwillig erfüllt wird.
1.8 Sonstige Einnahmen (z.B. Trinkgelder).
2. Sozialleistungen
2.1 Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III), Krankengeld, Krankentagegeld und Übergangsgeld (§
24 SGB II) sind Einkommen.
2.2 Arbeitslosengeld II (§§ 19 – 32 SGB II) ist Einkommen bei dem Verpflichteten; bei dem
Berechtigten dagegen nicht. Allerdings kann die Geltendmachung rückständigen Unterhalts
neben bereits gewährtem Arbeitslosengeld II ausnahmsweise treuwidrig sein, wenn dies
wegen eines gesetzlichen Ausschlusses des Anspruchsüberganges auf den Leistungsträger
(§ 33 Abs. 2 SGB II) zu einer doppelten Befriedigung des Berechtigten führen würde.
2.3 Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht überhöhte Wohnkosten deckt.
2.4 BAföG-Leistungen sind mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG Einkommen. Das gilt in der Regel auch dann, wenn sie als Darlehn gewährt werden.
2.5 Elterngeld ist als Einkommen zu behandeln; für den Mindestbetrag von monatlich 300 € bzw.
im Fall des § 6 S. 2 BEEG von monatlich 150 € gilt dies nur ausnahmsweise (§ 11 S. 4 BEEG).
2.6 Unfall- und Versorgungsrenten sowie Übergangsgelder aus der Unfall- bzw. Rentenversicherung sind Einkommen.
2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld und ähnliche Sozialleistungen sind
Einkommen, wobei § 1610a BGB zu beachten ist.
2.8 Pflegegeld nach §§ 37 ff SGB XI, das an den Pflegenden weitergeleitet wird, ist nur unter den
Voraussetzungen des § 13 Abs. 6 SGB XI Einkommen. Pflegegeld nach § 64 SGB XII für
eigene schwerbehinderte Kinder und nach § 39 SGB VIII für die Aufnahme fremder Kinder ist
mit seinem im Einzelfall zu bemessenden Vergütungsanteil Einkommen.
2.9 Leistungen zur Grundsicherung nach den §§ 41 – 43 SGB XII sind Einkommen beim Verwandtenunterhalt.
2.10 Sonstige Sozialhilfe (SGB XII) ist in der Regel kein Einkommen. Bei der Geltendmachung
rückständigen Unterhalts und Ausschluss des Anspruchsüberganges (§ 94 Abs. 3 SGB XII)
gilt Nr. 2.2 (Satz 2) entsprechend.
2.11 Für Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gelten die Ausführungen unter Nr.
2.2 und 2.10.
3. Kindergeld / Kindergeldanrechnung
(1) Das staatliche Kindergeld zählt nicht zum bedarfsprägenden Einkommen der Eltern. Es
mindert den Barbedarf des Kindes in voller Höhe bzw. in Höhe der Hälfte des
Kindergeldbetrages, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind durch Betreuung erfüllt – § 1612b Abs.1 BGB (siehe dazu die Kindergeldanrechnungstabelle in Anhang II). Von der Anrechnung auf den Bedarf des Kindes
ausgenommen ist der sog. Zählkindervorteil (§ 1612b Abs. 2 BGB). Das volljährige Kind hat
im Fall des § 1612b Abs.1 Nr. 2 BGB gegen den Empfänger des Kindergeldes Anspruch auf
Auszahlung, soweit dies nicht zur Deckung seines Bedarfs verwendet wird.
(2) Kinderzulagen und Kinderzuschüsse zur Rente sind, wenn die Gewährung des staatlichen
Kindergeldes entfällt, in Höhe des fiktiven Kindergeldes wie Kindergeld zu behandeln (§ 4
BKGG, § 65 EStG, § 270 SGB VI, § 1612c BGB).
4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers
Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers aller Art, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und
Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Aufwendungen ersparen. Die hierfür
steuerlich in Ansatz gebrachten Beträge bieten einen Anhaltspunkt für die Bewertung des
geldwerten Vorteils.
5. Wohnwert
5.1 Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus oder in der Eigentumswohnung -
Wohnvorteil - ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens wie Einkommen zu behandeln.
5.2
(1) Beim Ehegattenunterhalt ist während der Trennungszeit bis zur endgültigen
Vermögensauseinandersetzung oder bis zum endgültigen Scheitern der Ehe – also in der
Regel bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags – der Wohnvorteil des bleibenden
Ehegatten entsprechend der nur noch eingeschränkten Nutzung mit dem sog. angemessenen Wohnwert anzusetzen. Dieser richtet sich nach dem Mietpreis (Nettokaltmiete)
auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine den ehelichen Lebensverhältnissen angemessene
kleinere Wohnung. Die gemäß § 556 BGB nicht umlagefähigen Betriebskosten (z.B. Kosten
für die Verwaltung und Geldverkehr) und die erforderlichen – konkreten – Instandhaltungskosten mindern den angemessenen Wohnwert. (Zu den Finanzierungslasten s. Nr. 5.4).
(2) Ebenso berechnet sich der Wohnwert in dieser Phase für den Kindesunterhalt; nur in eng
begrenzten Ausnahmefällen kann im Hinblick auf § 1603 Abs. 2 BGB der Ansatz des
objektiven Wohnwerts (Nr. 5.3) geboten sein.
5.3 Nach der endgültigen Vermögensauseinandersetzung oder dem endgültigen Scheitern der
Ehe richtet sich der Wohnvorteil im Ehegattenunterhalt bei der Bedarfsbemessung (§ 1578
BGB) nach dem objektiven oder vollen Mietwert (Marktmiete) unter Abzug der unter Nr. 5.2
genannten Belastungen. Eine Ausnahme kommt in Betracht, wenn dem in der Wohnung
verbliebenen Ehegatten eine andere Verwertung der Wohnung, insbesondere durch seinen
Auszug noch nicht möglich oder zumutbar ist. Nach der Veräußerung des Familienheimes
treten die tatsächlichen bzw. die erzielbaren Einkünfte aus dem Erlös an die Stelle des
Wohnwertes, ohne auf diesen beschränkt zu sein.
5.4
(1) Finanzierungslasten (Immobiliendarlehen) mindern den Wohnwert, soweit sie tatsächlich
durch Ratenzahlungen bedient werden. Für die Berechnung des Ehegattenunterhalts bis zum
endgültigen Scheitern der Ehe sind Ratenzahlungen in aller Regel mit Zins und Tilgung zu
berücksichtigen.
(2) Nach dem endgültigen Scheitern der Ehe mindern Zinszahlungen weiterhin den
Wohnwert. Für die Berücksichtigungsfähigkeit von Tilgungsleistungen kommt es auf die
Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf die Frage, ob Miteigentum an der Immobilie
besteht, ob einseitige Vermögensbildung betrieben wird, ob eine Streckung/Aussetzung der
Tilgung möglich und zumutbar ist, ohne dass eine Zwangsversteigerung droht. Von einseitiger
Vermögensbildung kann grundsätzlich nicht ausgegangen werden, soweit den Tilgungsanteilen ein entsprechender Wohnvorteil gegenüber steht. Ein den Wohnvorteil dann noch übersteigender Tilgungsanteil kann im Rahmen der sekundären Altersvorsorge (vgl. Nr. 10.1) zu berücksichtigen sein. Im Einzelfall kann zu prüfen sein, ob eine Obliegenheit zur Vermögensumschichtung durch Verkauf der Immobilie besteht. Dabei ist allerdings zu beachten, dass selbst genutztes Immobilieneigentum nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII zum geschützten Vermögen gehört.
(3) Beim Kindesunterhalt gilt für die Berücksichtigung der Finanzierungslasten im Rahmen
des § 1603 Abs. 1 BGB ein großzügigerer, im Anwendungsbereich des § 1603 Abs. 2 BGB
hingegen ein strengerer Maßstab.
(4) Auch beim Elternunterhalt sind neben den Zinsen die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des
Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen, ohne dass dies
seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Der den
Wohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist im Rahmen der sekundären
Altersvorsorge auf die Altersvorsorgequote des Elternunterhaltspflichtigen anzurechnen.
6. Haushaltsführung / Zusammenleben
6.1 Für die unentgeltliche Führung des Haushalts eines leistungsfähigen Dritten, insbesondere eines neuen Partners, ist eine angemessene Vergütung zu fingieren und als
Einkommen zu berücksichtigen. Dieses kann im Falle einer Vollversorgung mit Beträgen von
250 € bis 500 € angesetzt werden.
6.2 Das Zusammenleben in einer häuslichen Gemeinschaft kann unter dem Gesichtspunkt
ersparter Wohn- und Haushaltskosten nach den Umständen des Einzelfalles – bei Leistungsfähigkeit des Partners – die Leistungsfähigkeit steigern. In der Regel kann dieser geldwerte
Vorteil für die Gemeinschaft mit bis zu 20 % des Selbstbehalts/Eigenbedarfs bemessen und
dem jeweiligen Partner zur Hälfte zugerechnet werden. Vgl. auch Nr. 21.5.
7. Einkommen aus überobligatorischer (unzumutbarer) Erwerbstätigkeit
Einkommen aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. Vgl. im Übrigen Nr. 1.3, Nr. 10.3 sowie Nr.17.3.
8. Freiwillige Leistungen Dritter
Freiwillige Leistungen Dritter (z.B. Geldleistungen, Wohnungsgewährung) sind regelmäßig
nicht als Einkommen zu berücksichtigen, es sei denn die Berücksichtigung entspricht dem
Willen des zuwendenden Dritten. Im Mangelfall kann jedoch bei der Beurteilung der
Leistungsfähigkeit bzw. Bedürftigkeit eine Anrechnung derartiger Leistungen auch gegen den
Willen des Zuwendenden erwogen werden.
9. Einkommensfiktion
Zum Einkommen können auch Einkünfte zu rechnen sein, die aufgrund einer
unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielt werden müssten, aber tatsächlich nicht erzielt
werden.
10. Bereinigung des Einkommens
10.1 In dem jeweiligen Jahr gezahlte Steuern auf das Einkommen sind vom Bruttoeinkommen
abzuziehen. Auf Nr. 1.7 wird verwiesen. Abzuziehen sind ebenfalls notwendige
Vorsorgeaufwendungen. Hierzu zählen Aufwendungen für Kranken-, Pflege-, Renten- und
Arbeitslosenversicherung. Im Rahmen der Altersvorsorge können über die Aufwendungen für
die Grundversorgung (primäre Altersvorsorge) hinaus in angemessenem Umfang tatsächlich
geleistete Zahlungen für eine zusätzliche private Altersvorsorge (sekundäre Altersvorsorge)
anerkannt werden. Personen, die der gesetzlichen Versicherungspflicht nicht unterliegen,
können für ihre primäre Altersversorgung entsprechend dem Aufwand eines nicht
Selbständigen in der Regel etwa 20 % des Bruttoeinkommens einsetzen, es sei denn, die
Altersvorsorge ist bereits auf andere Weise gesichert. Beim Ehegattenunterhalt ist für die
sekundäre Altersvorsorge in der Regel ein Betrag von bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres angemessen, beim Elternunterhalt ein Betrag etwa in Höhe von 5
% und beim Kindesunterhalt in Höhe von bis zu 4 %, soweit der Mindestunterhalt gedeckt ist.
Höhere Altersvorsorgeaufwendungen während der Ehe können ab dem endgültigen Scheitern
der Ehe nicht mehr berücksichtigt werden.
10.2 Berufsbedingte Aufwendungen
10.2.1 Notwendige berufsbedingte Aufwendungen von Gewicht mindern das Einkommen, soweit
sie konkret dargelegt werden. Werden fiktiv Erwerbseinkünfte zugerechnet, kann für
beruflichen Aufwand pauschal ein Abzug von 5 % des Nettoeinkommens vorgenommen
werden.
10.2.2 Für Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz sind - jedenfalls in engen wirtschaftlichen
Verhältnissen - in der Regel nur die Kosten öffentlicher Verkehrsmittel absetzbar. Ist die
Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar, sind die Kosten der PKW-Nutzung in der
Regel mit 0,42 € (für die Zeit bis 31.12.2021 0,30 €) je Kilometer (Formel:
Entfernungskilometer x 2 x 0,30 € x 220 Arbeitstage ÷ 12 Monate) abzugsfähig. Wenn die
einfache Entfernung über 30 Kilometer hinausgeht, wird empfohlen, die weiteren Kilometer
wegen der eintretenden Kostenersparnis nur mit den Betriebskosten von 0,28 € (für die Zeit
bis 31.12.2021 0,20 €) je Kilometer anzusetzen. Neben den Fahrtkosten sind regelmäßig
keine weiteren Kosten (etwa für Kredite oder Reparaturen) abzugsfähig.
10.2.3 Bei einem Auszubildenden sind in der Regel 100 € als Ausbildungsaufwand abzuziehen (Nr.
12.2), soweit dieser Aufwand nicht bereits in dem Bedarfssatz enthalten ist (Nr. 13.1.2).
10.3 Das Einkommen aus einer neben der Kinderbetreuung ausgeübten Erwerbstätigkeit kann
um den notwendigen, konkret dargelegten Aufwand für die Betreuung des Kindes vermindert
werden. Zum Aufwand für die Betreuung des Kindes zählen nicht die Kosten des
Kindergartenbesuchs; diese sind Mehrbedarf des Kindes und nach dem Verhältnis der
beiderseitigen Einkünfte zwischen den Eltern aufzuteilen (Nr. 12.4). Fallen keine konkreten
Betreuungskosten an, kann – sofern besondere Erschwernisse dargelegt werden – ein Teil
des Einkommens nach Billigkeitsgrundsätzen entsprechend § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB (für den
unterhaltsberechtigten Ehegatten vgl. Nr. 17.3) anrechnungsfrei bleiben. Das gilt ebenfalls bei
der Prüfung der Frage, ob ein Elternteil auch zum Barunterhalt eines von ihm betreuten Kindes
beitragen muss (§ 1603 Abs. 2 S. 3 BGB). Auf Nr. 12.3 wird verwiesen.
10.4 Schulden
10.4.1
(1) Schulden können das anrechenbare Einkommen vermindern. Beim Ehegattenunterhalt
sind Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, wenn sie schon vor oder während des ehelichen
Zusammenlebens eingegangen wurden. Nach der Trennung entstandene Schulden können
das anrechenbare Einkommen mindern, wenn sie berücksichtigungswürdig sind.
(2) Eine den Billigkeitsgrundsätzen entsprechende Gesamtabwägung der Einzelfallumstände
kann es erfordern, dass die jeweils für sich anerkennungsfähigen Verbindlichkeiten nur im
Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplans in angemessenen Raten (Zinsen und Tilgung)
abzugsfähig sind.
10.4.2 Beim Unterhalt für minderjährige und privilegierte volljährige Kinder sind Schulden nach obiger
Maßgabe regelmäßig nur dann voll berücksichtigungsfähig, wenn der Mindestunterhalt
sichergestellt wird. Andernfalls ist, wenn die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens
nicht möglich oder nicht zumutbar ist, lediglich ein Anwachsen der Verbindlichkeiten zu vermeiden (nur Abzug von Kreditzinsen).
10.5 Zurzeit nicht besetzt.
10.6 Vermögenswirksame Leistungen vermindern das Einkommen nicht, soweit sie nicht
im Rahmen zulässiger sekundärer Altersvorsorge berücksichtigungsfähig sind (Nr.
10.1). Jedoch sind dem Pflichtigen bzw. Berechtigten in jedem Fall etwaige Zusatzleistungen des Arbeitgebers für die vermögenswirksame Anlage (mit dem Nettobetrag)
sowie die staatliche Sparzulage voll zu belassen.
10.7 Notwendige Kosten des Umgangs mit Kindern können das Einkommen mindern, wenn
ansonsten der notwendige Selbstbehalt unterschritten würde.
Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage
Der Unterhaltsbedarf minderjähriger sowie volljähriger unverheirateter Kinder ohne
eigene Lebensstellung ist der Unterhaltstabelle (Düsseldorfer Tabelle) zu entnehmen
(siehe Anhang I).
11.1 In den Tabellensätzen sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht
enthalten.
11.2 Eingruppierung
11.2.1 Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Pflichtige zwei Berechtigten
Unterhalt zu gewähren hat, ohne Rücksicht auf deren Rang. Bei einer größeren Anzahl
von Berechtigten können Abschläge, bei einer geringeren Anzahl Zuschläge - durch
Einstufung in höhere/niedrigere Gruppen - angemessen sein. Eine Eingruppierung in
eine höhere Einkommensgruppe setzt jedoch voraus, dass dem Pflichtigen nach Abzug
des Kindesunterhalts und des Ehegattenunterhalts bzw. des Unterhalts für Berechtigte
nach § 1615l BGB der für die höhere Einkommensgruppe maßgebende Bedarfskontrollbetrag (Nr. 11.2.2) verbleibt.
11.2.2 Der Kindesunterhalt muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Betrag stehen,
der dem Pflichtigen nach Abzug des Kindesunterhalts (Zahlbetrag) und des Ehegattenunterhaltes für den eigenen Bedarf verbleibt (Bedarfskontrollbetrag). Wird der Bedarfskontrollbetrag unterschritten, ist der Unterhalt der nächst niedrigeren
Einkommensgruppe, deren Bedarfskontrollbetrag gewahrt wird, zu entnehmen.
12. Minderjährige Kinder
12.1 Minderjährige Kinder haben Anspruch auf den Mindestunterhalt nach § 1612a BGB;
dem entspricht der Barunterhalt aus der ersten Einkommensgruppe der Unterhaltstabelle in der jeweiligen Altersstufe. Der Betreuungsunterhalt im Sinne des § 1606 Abs.
3 S. 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt.
12.2. Einkommen des Kindes wird hälftig auf seinen Bedarf angerechnet. Die Ausbildungsvergütung ist - nach Kürzung um den ausbildungsbedingten Mehrbedarf (Nr.
10.2.3) - als Einkommen zu behandeln. Zur Kindergeldanrechnung siehe Nr. 3.
12.3
(1) Der Elternteil, der in seinem Haushalt ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, braucht deshalb (vgl. Nr. 12.1) neben dem anderen Elternteil regelmäßig keinen
Barunterhalt zu leisten.
(2) Eine Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann jedoch entfallen
oder sich ermäßigen, wenn er zu Unterhaltszahlungen nicht ohne Beeinträchtigung
seines angemessenen Unterhalts in der Lage wäre, während der andere Elternteil
neben der Betreuung des Kindes auch den Barunterhalt leisten könnte, ohne dass
dadurch sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet würde und ohne die
Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ein erhebliches finanzielles
Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstehen würde. In solchen Fällen entfällt die
gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB, also die
Beschränkung auf den notwendigen Selbstbehalt. Die Unterhaltspflicht mit dem
Einkommen, das den angemessenen Selbstbehalt übersteigt, wird davon nicht berührt.
Erzielt der betreuende Elternteil über das Dreifache der Nettoeinkünfte des an sich
barunterhaltspflichtigen Elternteils, kann es allerdings der Billigkeit entsprechen, den
betreuenden Elternteil den Barunterhalt in voller Höhe aufbringen zu lassen. Unterhalb
dieser Schwelle kann bei einer erheblichen Einkommensdifferenz eine beiderseitige
Barunterhaltspflicht der Eltern nach Nr. 13.3 der Leitlinien in Betracht kommen, wobei
zugunsten des betreuenden Elternteils eine wertende Veränderung des
Verteilungsmaßstabs vorzunehmen ist.
12.4 Bei Zusatzbedarf (Verfahrenskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) haften die
Eltern grundsätzlich anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter
Wahrung ihres Selbstbehalts (vgl. Nr. 13.3.2). Zum Mehrbedarf des Kindes zählen die
Kindergartenkosten.
13. Volljährige Kinder
13.1.1 Volljährige Kinder ohne eigene Lebensstellung erhalten, wenn keine besonderen Umstände
vorliegen, den Tabellenbetrag der vierten Altersstufe. Ihr Bedarf bestimmt sich – wenn beide
Elternteile barunterhaltspflichtig sind - nach dem zusammengerechneten Einkommen der
Eltern aus der Unterhaltstabelle (dazu Nr.11), und zwar ohne Abzug wegen doppelter Haushaltsführung. Diese Grundsätze finden auch auf privilegierte volljährige Kinder (§ 1603 Abs. 2
S. 2 BGB) Anwendung. Zur Kindergeldanrechnung siehe Nr. 3.
13.1.2 Der Bedarf eines Studenten beträgt bei auswärtiger Unterbringung in der Regel 860 € (darin
sind Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 375 € enthalten). Von diesem Betrag kann bei
erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.
Dieser Bedarfssatz kann auch sonst für ein Kind mit eigenem Hausstand angesetzt werden.
Ein eigener Kranken- bzw. Pflegeversicherungsbeitrag ist in diesem Betrag nicht enthalten.
Dagegen sind in dem Bedarfssatz ausbildungs- bzw. berufsbedingte Aufwendungen bis zu
einem Betrag von monatlich 100 € enthalten.
13.2 Einkommen des Kindes, auch BAföG-Darlehn und Ausbildungsbeihilfen, wird – gekürzt um
ausbildungsbedingte Aufwendungen (vgl. Nr.10.2.3) – in voller Höhe auf den Bedarf
angerechnet. Überobligationsmäßig erzielte Einkünfte bleiben entsprechend § 1577 Abs. 2
BGB ganz oder teilweise unberücksichtigt.
13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht / Haftungsanteil
13.3.1 Die Haftungsanteile der Eltern (§ 1606 Abs. 3 S. 1 BGB), die für ein volljähriges Kind
unterhaltspflichtig sind, bestimmen sich nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkommen
grundsätzlich abzüglich ihres angemessenen Selbstbehalts (1.400 €) und abzüglich der
Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte.
13.3.2 Für die Unterhaltspflicht gegenüber privilegierten volljährigen Kindern i.S.d. § 1603 Abs. 2
S. 2 BGB bemessen sich die Haftungsanteile der Eltern grundsätzlich nach dem Verhältnis
ihrer anrechenbaren Einkommen abzüglich ihres angemessenen Selbstbehalts (1.400 €), im
Mangelfall abzüglich ihres notwendigen Selbstbehalts (960 € bzw. 1.160 €). Die Barunterhaltspflichten gegenüber minderjährigen Kindern sind auch in diesem Fall vorweg abzuziehen.
Hiervon kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn der Vorwegabzug zu einem unbilligen
Ergebnis führt.
13.3.3 Ein Elternteil hat jedoch in der Regel höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein nach
seinem Einkommen aus der Unterhaltstabelle ergibt.
14. Zur Anrechnung des Kindergeldes siehe Nr. 3.
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
15.1
(1) Der Anspruch eines Ehegatten wird begrenzt durch den Bedarf nach den ehelichen
Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB). Die ehelichen Lebensverhältnisse werden grundsätzlich
durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind.
Umstände, die auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären, und Umstände, die bereits in
anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren, sind
zu berücksichtigen. Dies gilt für normale absehbare weitere Entwicklungen von Einkünften aus
derselben Einkommensquelle, wie für übliche Lohnerhöhungen sowie einen nicht
vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang, etwa durch Arbeitslosigkeit, Eintritt in das
gesetzliche Rentenalter oder Krankheit.
(2) Ist der Pflichtige wieder verheiratet, berechnet sich der Bedarf des früheren Ehegatten
aufgrund einer fiktiven Besteuerung der Einkünfte des Pflichtigen nach der Grundtabelle, also
ohne den Splittingvorteil.
(3) Unterhaltsleistungen, die während der Ehe für Kinder erbracht worden sind, prägen die
Ehe und sind daher bei der Bedarfsberechnung grundsätzlich vorweg in Abzug zu bringen.
Zu den bei der Bedarfsberechnung zu beachtenden Umständen gehört auch das Hinzutreten
weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung.
(4) Auch ein Unterhaltsanspruch aus § 1615l BGB, den der betreuende Elternteil eines vor der
Rechtskraft der Scheidung geborenen Kindes hat, prägt die ehelichen Lebensverhältnisse.
(5) Dagegen sind die Unterhaltspflichten für ein nach Rechtskraft der Scheidung geborenes
Kind, gegenüber dessen betreuenden Elternteil nach § 1615l BGB sowie gegenüber einem
späteren Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB
nicht zu berücksichtigen.
(6) Der Bedarf eines späteren Ehegatten wird durch die Unterhaltslast des Pflichtigen aus
einer früheren Ehe geprägt und gemindert (vgl. Nr. 24.3.3).
(7) Als Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten kommt – einschließlich evtl.
trennungsbedingten Mehrbedarfs – in der Regel ein Betrag von 960 € in Betracht. Bei Vorteilen
aus dem Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner kann dieser Betrag
herabgesetzt werden.
15.2 Halbteilung, Erwerbstätigenbonus und Berechnungsmethoden
15.2.1 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Einkommen).
Für Unterhaltszeiträume vor dem 1.1.2022 gilt weiter die bisherige Regelung: Es gilt der
Halbteilungsgrundsatz, wobei Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 zu berücksichtigen sind (Abzug
von 1/7 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Einkommen).
15.2.2 Hat der Berechtigte eigenes Erwerbseinkommen, kann er 45 % (für Unterhaltszeiträume vor
dem 1.1.2022: 3/7) des Unterschiedsbetrages zum Erwerbseinkommen des Pflichtigen und
1/2 des Unterschiedsbetrages sonstiger eheprägender Einkünfte beider Ehegatten
beanspruchen (Differenzmethode). Beim Zusammentreffen von Erwerbseinkommen mit
anderen Einkünften empfiehlt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit die Anwendung der Additionsmethode, die zum gleichen Ergebnis führt wie die Differenzmethode (Beispiel zu
den Berechnungsmethoden siehe Anhang III).
15.2.3 (1) Nach der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen sind Einkünfte des Berechtigten aus
Vermögen, das in der Ehe nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung stand.
(2) Zu Einkünften des Berechtigten aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit wird auf Nr. 17.3
verwiesen.
15.2.4 Bei der Berechnung des Erwerbstätigenbonus und der Quote von 45 % (für
Unterhaltszeiträume vor dem 1.1.2022: 3/7) bzw. 1/2 ist von den Mitteln auszugehen, die den
Ehegatten nach Vorwegabzug ihrer zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten (z. B. Beiträge
zur Alters-, Kranken- und Pflegeversicherung, Kredit- und Sparraten, berufsbedingte
Aufwendungen) und des Zahlbetrags des Kindesunterhalts noch für den Verbrauch zur
Verfügung stehen.
15.3 Bei besonders günstigen Verhältnissen kann der Bedarf nicht ohne weiteres als Quote des
Gesamteinkommens berechnet werden. Von besonders günstigen wirtschaftlichen
Verhältnissen kann in der Regel ab einem Familieneinkommen von 11.000 € ausgegangen
werden, wobei die Einkünfte vorab um vorrangigen Kindesunterhalt, sonstige eheprägende
Unterhaltsverpflichtungen, berufsbedingte Aufwendungen und etwaige weitere
berücksichtigungsfähige Positionen, nicht aber einen Erwerbsbonus zu bereinigen sind.
Für den Berechtigten kommen in solch einem Fall zwei Möglichkeiten in Betracht:
Er kann seinen Bedarf entweder konkret darlegen. Dann sind Einkünfte des Berechtigten ohne Erwerbstätigenbonus auf den Bedarf anzurechnen.
Oder er kann seinen Bedarf als Quotenunterhalt geltend machen, muss dann aber, soweit er
einen Bedarf von mehr als derzeit 4.950 € geltend macht (45 % von 11.000 €), substantiiert
vortragen, dass und in welchem Umfang die hohen Einkünfte zur Deckung der ehelichen
Lebensverhältnisse verwendet worden sind. Bestreitet der Pflichtige den vollständigen
Verbrauch zu Konsumzwecken, hat der Berechtigte die Darlegungs- und Beweislast hierfür.
15.4 Vorsorgebedarf
15.4.1 Aufwendungen für eine notwendige Kranken- und Pflegeversicherung des berechtigten
Ehegatten sowie die Kosten der Altersvorsorge (Altersvorsorgeunterhalt) können zusätzlich
verlangt werden. Diese Kosten sind bei der Berechnung der Quote vorab vom anrechenbaren
Einkommen des Pflichtigen abzuziehen.
15.4.2 Der Altersvorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 3 BGB) wird in Anknüpfung an den dem Berechtigten zustehenden Elementarunterhalt regelmäßig nach der Bremer Tabelle zweistufig
berechnet. In Fällen besonders günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse und bei Anwendung der
Anrechnungsmethode kommt eine einstufige Berechnung in Betracht. Soweit Einkünften des
Berechtigten kein Versorgungswert zukommt (z. B. Einkünfte wegen der Versorgung eines
neuen Partners), bleiben diese bei der Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts unberücksichtigt. Jedenfalls dann, wenn der Unterhaltspflichtige eine berücksichtigungsfähige
sekundäre Altersvorsorge betreibt (vgl. Nr. 10.1), erhöht sich der Anspruch des Berechtigten
in entsprechender prozentualer Höhe um bis zu 4 Prozent.
15.4.3 Wegen des Vorrangs des Elementarunterhalts besteht ein Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nur insoweit, als das Existenzminimum des Berechtigten (vgl. Nr. 15.1 Abs. 7)
gedeckt ist.
15.5 Der Bedarf berechnet sich nicht unter Anwendung der so genannten Dreiteilungsmethode.
Diese kommt allenfalls im Rahmen der Leistungsfähigkeit und der Mangelverteilung zum Zuge
(vgl. Nr. 24.3).
15.6 Konkret geltend gemachter trennungsbedingter Mehrbedarf kann darüber hinaus
berücksichtigt werden, wenn dieser Bedarf aus zusätzlichen nicht prägenden Einkünften
befriedigt werden kann.
15.7
(1) Die Möglichkeit der Herabsetzung und/oder Befristung des Ehegattenunterhalts nach
§ 1578b BGB ist als rechtsvernichtende bzw. rechtsbeschränkende Einwendung bei
entsprechendem Vortrag des Pflichtigen von Amts wegen zu berücksichtigen. Die dem
Pflichtigen obliegende Beweislast wird im Falle eines zu erbringenden Negativbeweises
(Fehlen ehebedingter Nachteile) dadurch erleichtert, dass der Berechtigte substantiiert zu den
Umständen vorzutragen hat, die in seiner Sphäre liegen. Die Darlegungen müssen so konkret
sein, dass die für den Unterhaltsberechtigten seinerzeit vorhandenen beruflichen
Entwicklungschancen und seine persönlichen Fähigkeiten, etwa auch anhand vergleichbarer
Karrieren, vom Gericht auf ihre Plausibilität überprüft werden können und der Widerlegung
durch den Pflichtigen zugänglich sind, wobei die Anforderungen nicht überspannt werden
dürfen und den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen müssen.
(2) Im Einzelfall kann der Unterhaltsberechtigte seiner sekundären Darlegungslast genügen,
wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten oder vor der ehebedingten Berufspause
ausgeübten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender
Berufserfahrung oder Betriebszugehörigkeit üblich seien.
(3) Wird dagegen ein berufliche Aufstieg behauptet, muss der Unterhaltsberechtigte darlegen,
aufgrund welcher Umstände (Fortbildungsbereitschaft, besondere Befähigungen, Neigungen
oder Talente), eher eine entsprechende Karriere gemacht hätte.
(4) § 1578b BGB ist nicht auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile beschränkt. Im Rahmen
der umfassenden Billigkeitsabwägung sind sämtliche Umstände (wie z.B. beiderseitige
Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Vermögenserwerb während der Ehe, Beitrag zur
Berufsausbildung des anderen Ehegatten) zu berücksichtigen. Der Ehedauer kommt in
diesem Rahmen eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt auch für die Bemessung einer
Übergangsfrist. Der angemessene Lebensbedarf nach § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB kann in der
Regel nicht unterhalb des pauschalen billigen Selbstbehalts angesetzt werden und darf das
Existenzminimum nicht unterschreiten.
16. Zurzeit nicht besetzt
17. Erwerbsobliegenheit / Betreuungsunterhalt / überobligatorisches
Einkommen
17.1.1
(1) Die Erwerbsobliegenheit des kinderbetreuenden Ehegatten korrespondiert mit dem
Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB.
(2) Betreut ein Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind, das noch nicht drei Jahre alt ist, so
besteht keine Verpflichtung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Umfang der danach
regelmäßig einsetzenden Erwerbsobliegenheit – eine sogleich vollschichtige Erwerbsobliegenheit wird vielfach nicht in Betracht kommen, da ein abrupter Wechsel vermieden und
ein stufenweiser Übergang erfolgen soll – richtet sich nach Billigkeitsgesichtspunkten im
Einzelfall, besonders nach den bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung, den
Belangen des Kindes (etwa Fremdbetreuungsfähigkeit, physischer und psychischer
Gesundheitszustand) und der erfolgten bzw. geplanten Rollenverteilung der Eltern in der Ehe
sowie der Dauer ihrer Ehe. Zu berücksichtigen ist auch der Umfang der Belastung durch die
neben der Erwerbstätigkeit verbleibende Kindesbetreuung (Gesichtspunkt der gerechten
Lastenverteilung).
(3) Derjenige Elternteil, der das Bestehen einer Erwerbsobliegenheit in Abrede stellt, hat die
hierfür maßgebenden Umstände konkret und einzelfallbezogen darzulegen und zu
beweisen. Dies gilt auch, wenn ein – grundsätzlich nicht zu befristender – Titel über
Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB abgeändert werden soll.
17.1.2 Zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten siehe Nr. 10.3.
17.2 Im ersten Jahr nach der Trennung besteht für den Berechtigten in der Regel keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.
17.3 Einkünfte aus einer - auch erst nach Trennung/Scheidung aufgenommenen –
überobligatorischen Erwerbstätigkeit sind nur mit ihrem unterhaltsrelevanten Anteil in die
Differenz- bzw. Additionsberechnung einzustellen. Dieser nach den §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB
zu bemessende Anteil ergibt sich, indem das Einkommen zunächst um den mit der
überobligatorischen Erwerbstätigkeit verbundenen Aufwand (z.B. konkrete
Kinderbetreuungskosten, die nicht Mehrbedarf des Kindes sind, vgl. Nr. 10.3) vermindert und
sodann ein individuell nach Billigkeitsgesichtspunkten festzusetzender Einkommensteil von
den Gesamteinkünften des Berechtigten in Abzug gebracht wird. Der Abzugsbetrag – der nicht
unterhaltsrelevante Anteil der Einkünfte des Berechtigten – bleibt bei der
Unterhaltsberechnung unberücksichtigt (siehe auch Nr. 7).
Weitere Unterhaltsansprüche
18. Ansprüche aus § 1615l BGB
Der Bedarf der Mutter und des Vaters eines nichtehelichen Kindes (§ 1615l BGB) richtet sich
nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils; er beträgt aber in der Regel monatlich
mindestens 960 € (ohne Kranken- und Pflegeversicherungskosten, die zusätzlicher Bedarf
sein können). Die Inanspruchnahme des Pflichtigen ist durch den Halbteilungsgrundsatz
begrenzt. Die Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils richtet sich – sinngemäß –
nach Nr. 17.1.1.
19. Elternunterhalt
Das Angehörigen-Entlastungsgesetz hat Auswirkungen auf den Elternunterhalt.
Unterhaltsberechtigten Eltern obliegt es, vorrangig bedarfsdeckende Leistungen der
Grundsicherung nach §§ 41 ff SGB XII in Anspruch zu nehmen.
Nehmen unterhaltsberechtigte Eltern Leistungen nach dem SGB XII in Anspruch, geht ihr
Anspruch auf Elternunterhalt nur auf den Träger der Sozialhilfe über, wenn das
unterhaltspflichtige Kind ein Jahreseinkommen von mehr als 100.000 € im Sinne des § 16
SGB IV erzielt, § 94 Ia SGB XII.
20. Zur Zeit nicht belegt.
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt des Pflichtigen
21.1 Dem Pflichtigen muss nach Abzug der Unterhaltsansprüche der Selbstbehalt (Eigenbedarf)
verbleiben.
21.2 Notwendiger Selbstbehalt
Der Selbstbehalt des Pflichtigen beträgt im Falle des § 1603 Abs. 2 BGB gegenüber
minderjährigen und privilegierten volljährigen (§ 1603 Abs. 2 S. 2 BGB) Kindern in der Regel
mindestens 960 €, bei Erwerbstätigkeit des Pflichtigen mindestens 1.160 €; bei teilweiser
Erwerbstätigkeit können die Beträge modifiziert werden. Hierin sind Kosten für Unterkunft
einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) in Höhe von 430 €
enthalten.
21.3 Angemessener Selbstbehalt
21.3.1 Der Selbstbehalt des Pflichtigen beträgt gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern
(§ 1603 Abs. 1 BGB) im Regelfall 1.400 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft einschließlich
umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) in Höhe von 550 € enthalten.
21.3.2 Der angemessene Selbstbehalt gegenüber der Mutter/dem Vater eines nichtehelichen
Kindes (§ 1615 l BGB) entspricht dem billigen Selbstbehalt gegenüber dem Ehegatten (Nr.
21.4).
21.3.3 Der angemessene Selbstbehalt von Großeltern gegenüber Enkeln beträgt mindestens
2.000 €. Das darüber hinausgehende Einkommen kann in der Regel zur Hälfte und bei
Vorteilen aus dem Zusammenleben mit einem Partner zu 45 % dem Mindestselbstbehalt
hinzugerechnet werden. In dem Selbstbehalt sind Kosten für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) in Höhe von 700 € enthalten. Hinsichtlich des
Ehegatten des Unterhaltspflichtigen vgl. Nr. 22.3 und Nr. 23.3.
21.4 Eheangemessener Selbstbehalt
Der Selbstbehalt des Pflichtigen gegenüber dem Anspruch des Ehegatten (billiger
Selbstbehalt) beträgt in der Regel mindestens 1.180 €, bei Erwerbstätigkeit des Pflichtigen
1.280 €, auch wenn bei dem berechtigten Ehegatten minderjährige oder privilegierte
volljährige Kinder leben, die ebenfalls Unterhaltsansprüche gegen den Pflichtigen haben.
21.5 Anpassung des Selbstbehalts
(1) Der Selbstbehalt soll erhöht werden, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) den
ausgewiesenen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind. Eine angemessene
Erhöhung des Selbstbehalts kommt zudem z. B. in Betracht, wenn das nach Abzug eines
zugerechneten geldwerten Vorteils (für die private Nutzung eines Firmenwagens oder einer
Wohnung) verbleibende Einkommen nicht ausreicht, um den restlichen Lebensbedarf
sicherzustellen.
(2) Der Selbstbehalt ist in der Regel nicht schon deshalb abzusenken, weil die tatsächlichen
Wohnkosten die in den jeweiligen Selbstbehalten enthaltenen Wohnkosten nicht erreichen.
Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der
eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt wird.
Das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft mit einem leistungsfähigen Partner kann
nach Nr. 6.2 berücksichtigt werden, maximal bis zur Grenze des sozialhilferechtlichen
Existenzminimums.
22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
22.1 Zurzeit nicht besetzt.
22.2 Ist bei Unterhaltsansprüchen nicht privilegierter volljähriger Kinder oder Enkel der Pflichtige
verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall 1.120 €
angesetzt.
22.3 Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für
den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1.600 € angesetzt, soweit nicht der
Anteil am Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB, der regelmäßig der Hälfte des für den
gemeinsamen Lebensbedarf zur Verfügung stehenden Einkommens entspricht, höher ist. Im
Familienbedarf von mindestens 3.600 € (2.000 € + 1.600 €) sind Kosten für Unterkunft und
Heizung in Höhe von insgesamt 1.200 € (700 € + 500 €) enthalten.
23. Bedarf des vom Pflichtigen getrennt lebenden oder geschiedenen
Ehegatten
23.1 Zurzeit nicht besetzt.
23.2 Bei Ansprüchen eines nicht privilegierten volljährigen Kindes: 1.400 €.
23.3 Bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen
Enkeln: 2.000 €.
24. Mangelfall
24.1 Ist der Unterhaltspflichtige unter Berücksichtigung des ihm jeweils zustehenden Selbstbehalts
außerstande, allen Unterhaltsberechtigten Unterhalt zu gewähren, so gilt für die Befriedigung
der Ansprüche die Rangfolge des § 1609 BGB.
24.2 Reicht das Einkommen des Pflichtigen nach Abzug seines Selbstbehalts (Nr. 21) zur Deckung
des Bedarfs aller gleichrangigen Unterhaltsberechtigten nicht aus, liegt ein Mangelfall vor.
24.3.1 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich für minderjährige und privilegierte volljährige
Kinder auf den Bedarfssatz der Einkommensgruppe 1 der Unterhaltstabelle abzüglich des
nach § 1612b BGB bedarfsdeckenden Kindergeldanteils (bei minderjährigen Kindern das
halbe und bei volljährigen Kindern das volle Kindergeld),
24.3.2 Stehen mehrere nach § 1609 Nr. 2 und 3 BGB Berechtigte im gleichen Rang, schränkt die
Unterhaltspflicht gegenüber dem jeweils anderen Berechtigten die Leistungsfähigkeit des
Pflichtigen nach § 1581 S. 1 BGB ein. Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass
die Unterhaltsansprüche nach den Grundsätzen der sogenannten Dreiteilung bemessen
werden. Das schließt eine abweichende Verteilung aufgrund der Berücksichtigung weiterer
individueller Billigkeitsabwägungen nicht aus.
24.3.3
(1) Steht ein Berechtigter im Rang des § 1609 Nr. 2 BGB und ein anderer im dritten Rang, gilt
Folgendes:
(2) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen, also späteren Ehegatten – oder des nach § 1615l
BGB Berechtigten – gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten
vorrangig, bleibt die Bedarfsberechnung des geschiedenen, zeitlich früheren Ehegatten von
der neuen Unterhaltsverpflichtung unberührt. Jedoch ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit der
vorrangige Unterhaltsanspruch gegenüber dem nachrangigen geschiedenen Ehegatten zu
berücksichtigen.
(3) Ist der neue Ehegatte nachrangig, berührt eine ihm gegenüber bestehende
Unterhaltsverpflichtung den Unterhaltsanspruch des vorrangigen Ehegatten nicht.
24.4 Das im Rahmen der Leistungsfähigkeit gefundene Verteilungsergebnis ist abschließend auf
seine Angemessenheit zu überprüfen.
24.5 Rechenbeispiel zum Mangelfall siehe Anhang III.
Sonstiges
25. Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro zu runden.
26. Zusammentreffen von Ansprüchen mit bereits titulierten Ansprüchen:
Soweit Unterhaltsansprüche anderer Berechtigter bereits tituliert sind, ist die Rechtslage in
der Regel wie bei gleichzeitiger Entscheidung über alle Unterhaltsansprüche zu beurteilen.
Der Verpflichtete/Berechtigte ist auf einen Abänderungsantrag gemäß §§ 238, 239 FamFG zu
verweisen. Soweit eine Abänderung für die Vergangenheit nicht mehr verlangt werden kann,
kann auf die geleisteten Beträge abgestellt werden.
Anhang
I. Düsseldorfer Tabelle
(alle Beträge in Euro)
II. Kindergeldanrechnungstabelle
Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Für das 1. und 2. Kind beträgt das Kindergeld derzeit 219 €, für das 3. Kind 225 € und ab dem 4. Kind 250 €.
III. Rechenbeispiele
1. Differenzmethode/Additionsmethode
Mann (M): 4.000 € Nettoeinkommen; Frau (F): 1.000 € Nettoeinkommen
800 € Wohnvorteil des in der Ehewohnung verbliebenen M,
600 € berücksichtigungsfähige Hauslasten, von M getragen
Additionsmethode:
4.000 € x 90 % = 3.600 € Erwerbseinkommen M
+ 800 € Wohnvorteil
- 600 € Hauslasten
1.000 € x 90 % = + 900 € Einkommen F
___________________
4.700 € addiertes Einkommen
1/2 = 2.350 € Bedarf der F
- 900 € Einkommen F
____________________
1.450 € Anspruch F
Differenzmethode:
4.000 € x 90 % = 3.600 € Einkommen M
+ 800 € Wohnvorteil
- 600 € Hauslasten
1.000 € x 90 % = - 900 € Einkommen F
___________________
2.900 € Differenz der Einkommen
1/2 = 1.450 € Anspruch F
oder ([4.000 € - 1.000 € =] 3.000 € x 45 % =) 1.350 € + ([800 € - 600 €] x 1/2) = 1.450 €
2. Mangelfallberechnung:
a) mit gleichrangigen Unterhaltsberechtigten
Vater (V) 1.500 € Nettoeinkommen; Kind 19 Jahre (K1) besucht Gymnasium; Kind 16 Jahre
(K2); Kind 11 Jahre (K3); die Mutter hat kein Einkommen und ist gegenüber K 1 nicht
leistungsfähig
1. Stufe: Bedarfsermittlung und Prüfung, ob ein Mangelfall vorliegt (vgl. Nr. 24. 2 HLL):
Gesamtbedarf :
K1: 569 € Tabellen-Bedarfssatz der 1. Einkommens-Gruppe/4. Altersstufe abzgl. 219 €
Kindergeldanteil = 350 €
K2: 533 € Tabellen-Bedarfssatz der 1. Einkommens-Gruppe/3. Altersstufe abzgl. 109,50 €
Kindergeldanteil = 423,50 €
K3: 455 € Tabellen-Bedarfssatz der 1. Einkommens-Gruppe/2. Altersstufe abzgl. 112,50 €
Kindergeldanteil = 342,50 €
Gesamtbedarf daher: 1.116 €
V verblieben (1.500 € – 1.116 €) 384 €. Da hiermit der notwendige Selbstbehalt des V von
1.160 € unterschritten wird, ist eine Mangelverteilung vorzunehmen.
2. Stufe: Mangelverteilung:
Bei der Mangelverteilung ist das den Selbstbehalt übersteigende Einkommen des V von 340 €
(1.500 € – 1.160 €), die Verteilungsmasse, auf die Kinder im Verhältnis ihrer um das hälftige
Kindergeld bzw. bei dem volljährigen privilegierten Kind (K1) um das volle Kindergeld
gekürzten Einsatzbeträge zu verteilen (vgl. Nr. 24.3.1 HLL). Die Verteilungsquote beträgt
30,47 % (340 € Verteilungsmasse ÷ 1.116 € Gesamtbedarf der Kinder).
Danach entfallen auf
K1: 350 € x 30,47 % = 106,65 € oder rd. 107 €
K2: 423,50 € x 30,47 % = 129,05 € oder rd. 129 €
K3: 342,50 € x 30,47 % = 104,36 € oder rd. 104 €
b) mit Unterhaltsberechtigten verschiedener Rangstufen nach § 1609 BGB
Ehemann und Vater (V) 2.000 € Nettoerwerbseinkommen; Ehefrau und Mutter (M) kein
Einkommen; Kind 7 Jahre (K1); Kind 4 Jahre (K2)
1. Stufe: Bedarfsermittlung und Prüfung, ob ein Mangelfall vorliegt (Nr. 24.2 HLL):
Gesamtbedarf (Herabstufung nach Nr. 11.2.1 HLL; wegen des Bedarfskontrollbetrages –
Nr.11.2.2 HLL – ist auf den Bedarf der 1. Einkommensgruppe abzustellen):
K1: 455 € Tabellen-Bedarfssatz der 1. Einkommens-Gruppe/2. Altersstufe abzgl. 109,50 €
Kindergeldanteil = 345,50 €
K2: 396 € Tabellen-Bedarfssatz der 1. Einkommens-Gruppe/1. Altersstufe abzgl. 109,50 €
Kindergeldanteil = 286,50 €
M: 2.000 € anrechenbares Einkommen des V abzüglich 345,50 € Zahlbetrag K1 abzüglich
286,50 € Zahlbetrag K2 (vgl. jeweils Nr. 15.2.4 HLL) = 1.368 €; 45 % hiervon ergeben einen eheangemessenen Bedarf der M von (gerundet) 616 €. Der Mindestbedarf (Nr. 15.1.(7))
beträgt jedoch 960 €.
Bei einem Gesamtbedarf von danach 1.592 € (345,50 € + 286,50 € + 960 €) ist die
Leistungsfähigkeit des V eingeschränkt. Im ersten Rang, also gegenüber den vorrangigen
Kindern, liegt aber kein Mangelfall vor, da der notwendige Selbstbehalt des V von 1.160 €
gewahrt ist, wenn der Kindesunterhalt geleistet wird (2.000 € - 345,50 € - 286,50 € = 1.368 €).
2. Stufe: Mangelverteilung:
Im zweiten Rang dagegen, also gegenüber der nachrangigen M, liegt eine Mangelsituation
vor. Die nach Abzug der Zahlbeträge für den Kindesunterhalt verbleibenden 1.368 €
beschränken hinsichtlich des Ehegattenunterhalts der M unter Berücksichtigung des dem V
insoweit zustehenden billigen Selbstbehalts (Nr. 21.4) von 1.280 € dessen Leistungsfähigkeit
auf 88 €.